Chakren – Erst der Anfang  

Es beginnt zögerlich. Die Schlange windet sich bereits seit einiger Zeit in meinem Körper. Durch meinen Körper. Sie hat ihn übernommen. Nicht feindlich. Ich habe sie eingeladen. Sie hat mich gerufen. Ich spüre, wie es wärmer wird. Zuerst zaghaft. Dann immer stärker. Immer wärmer. Es ist nicht mehr zu verdrängen. Fast unangenehm. Unerträglich heiß. Und doch nicht verbrannt. Ein Glühen. An sieben Stellen. Wie heiße Steinplatten, die auf meinen Körper gelegt werden. Gleichmäßig verteilt. Dazwischen schlängelt sich das Reptil. 

Lange vor diesem Moment, irgendwann im Laufe der ersten Yogastunden, die ich besucht habe, kam ich mit der Chakrenlehre in Berührung. Energiezentren. Bandhas anspannen. Beckenboden. Solarplexus. Konzentration auf den Punkt zwischen den Augen. Die Mediation nach der Praxis.
Die Beschäftigung, beziehungsweise die Arbeit mit den Chakren hatte unbemerkt begonnen. Sie ist leise eingezogen. Das Wort „Chakra“ und die Begriffe dahinter hatte ich davor schon gehört. Erst durch die kontinuierliche Yogapraxis habe ich begonnen mich intensiver damit auseinanderzusetzen. So richtig verstanden, so wirklich gespürt, so intensiv erlebt, was Chakren wirklich sind, wie sich diese Energiezentren anfühlen, was sie bewirken, all das und mehr, habe ich jedoch erst durch dieses Ereignis. Die Schlange hat es mir gezeigt. 

Muladhara    

Der Körper. Ein Wunder. Ich war es gewohnt einen Körper zu haben, der funktioniert. Der so geformt ist, wie ich und der Sport, den ich machte, das Schwimmen, es verlangten. Für lange Zeit. Hinzu kamen andere Sportarten, andere Einflüsse, wie Tanz, aber auch Beeinflussungen, wie Fotos, gefühlte Millionen davon, Filme, andere Menschen und ihre Vorstellungen, sowie Tendenzen und Trends, und all das gesammelt und vermischt wurde irgendwann zu einem ganz großen Muss, zu einem Zwang, den Körper zu trainieren, zu formen, ja fast zu kasteien. Eine teilweise krampfhafte Vorstellung, wie er auszusehen hat, entstand in mir. Im Laufe der Zeit hat sich allmählich auch eine wachsende Angst hinzugesellt – wie lange kann man das aufrecht erhalten? Alter trifft uns alle. Nur, niemand will das so richtig wahrhaben. Das kreiert Unsicherheit. 

Akzeptanz und Respekt    

Akzeptanz hat mir die Yogapraxis und die Beschäftigung mit dem Wurzelchakra gebracht. Die kam nicht einfach daher. Und ist nicht permanent da. Eine ständige Erinnerung und Wiederholung, dass nichts für immer in Stein gemeißelt ist, jedoch ein Körper, der sich verändert, den man in dieser Veränderung pflegt, dennoch für Sicherheit sorgen kann. Akzeptanz ist ein langsam tropfender Wasserhahn. Das Tropfen kann unglaublich nerven und nur wenn man den Abfluss verschließt, wird das Becken voll.
Respekt war die andere Sache, die ich gelernt habe. Ich respektiere meinen Körper. Wie schwer kann das sein? Jede Person kennt das Gefühl einer aufkommenden Erkältung, wobei sich das Fieber schön langsam in den Gliedern einnistet, man aber unglaublich wichtige berufliche, wie private Termine vor sich hat und einfach nicht krank sein darf. Ich bin richtig beleidigt auf meinen Körper, wenn er mal wieder nicht so will, wie ich mir das vorstelle. Auch oder gerade als Yogalehrer:in will man das nicht oder nur schwer hinnehmen. Akzeptanz und Respekt im Karussell. Da kann einem leicht schwindelig werden. 
Mit der Zeit habe ich verstanden, meinen Körper zu pflegen. Nicht erst dann, wenn etwas nicht mehr funktioniert, verletzt, gebrochen ist, man krank ist. Sondern ständig, auch dann, wenn alles reibungslos läuft. Das gelingt nicht immer. Diese ständige Übung jedoch ist Respekt.
Durch Akzeptanz und Respekt wurde aus dem Zwang eine Freude, mich um meinen Körper zu kümmern. Und ich versuche mit Milde zu sehen, dass er manchmal Unterstützung braucht, nicht immer funktioniert und sich verändert. Eine ständige Herausforderung. 

Chakren und Yoga 

Meine Yogastunden beginnen oft mit einem Body Scan. Für mich ist es eine einfache Methode, um meine Schüler:innen ankommen zu lassen. Vor allem aber ist es für sie leichter in den Körper zu spüren, als den Geist oder andere Sphären zu erkunden. Ein Spüren, was sich gerade tut im Körper, damit verbunden ist auch, dass die Schüler:innen eventuell bereits merken, da und dort, was sie brauchen könnten. Jedenfalls aber ist es gute Möglichkeit sie aus ihrem vielleicht hektischen Alltag auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Auf die Matte. Sie zu erden.

Den Boden zu spüren und für Stabilität zu sorgen. Woher komme ich? Wer bin ich? Was brauche ich? Generell und momentan? Ein Sich-Spüren. Das bin ich! Der Körper als Verankerung. 

Wurzelchakra 

Während meiner Einheiten ist das Wurzelchakra, neben der Kräftigung und dem Aufwärmen durch die Sonnengrüße, vor allem durch eine Sequenz von stehenden Asanas präsent. Ein Fokus liegt auch auf der Konzentration auf das Muladhara Bandha und die Atmung. Ich schätze die dadurch entstehende Ruhe und Stabilität. Vor allem das Anspannen des Beckenbodens, bemerke ich öfters, ist für viele auch nach langer Praxis ziemlich schwierig zu halten, wenn überhaupt. Dabei spielt vielleicht auch das zweite Chakra eine Rolle. Generell fließen in meinen Stunden alle Chakren, zu einem unterschiedlichen und sich verändernden Grad, immer mit ein. 

Die Schlange 

Die Schlange windet sich durch meine Eingeweide. Sie dehnt sie aus. Sie dehnt sich aus. Das Reptil zeigt mir mein Innerstes, stülpt es nach außen. Ich muss alles spüren. Zuerst ganz unten, dort wo sie lange in Schlingen lag und schlief. Sie ist aufgewacht, oder wurde geweckt, das ist nicht mehr wichtig, jetzt gibt es kein zurück mehr, sie will weiter und ihr Weg ist klar. 

Etienne Thierry

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