
Ausgleich – Baum
Ein Termin, ein anderer, und noch einer, mehrere, noch ein paar reingequetscht und so weiter. Beruflich. Privat. Treffen. Feiern. Feste. Deadline. Hier. Selbstständigkeit. Da. Unterrichten. Schreiben. Übersetzen. Französisch. Deutsch. Englisch. Whatever works. Bewerbungen. Absagen. Enttäuschungen. Erfolge. Erlebnisse. That’s life. Das ist eine von vielen zu einfachen, schnell dahingesagten Botschaften. Work, life. Ich weiß manchmal nicht, was diese balance ist, von der alle sprechen. Aber ich kann von Balance erzählen. In all dieser Überflutung an Reizen habe ich mir einen Fixpunkt geschaffen, eine Insel. Nicht schwer zu erraten. Yoga. Mediation. Egal ob meine eigene Praxis oder im Unterricht. Ein Schalter legt sich um, manchmal braucht es etwas, ein, aus, ein, aus, und dann, Licht an, ich bin im Moment, vergesse das Rundherum.
Ich weiß, dass alles wiederkommt, die Termine, der Stress, das Durcheinander, gar nicht weg ist, nur zwischenzeitlich an den Rand gedrängt, und außerdem life is work, it always is, und life is suffering, frag Buddha, aber hey, ich drifte ab, schon wieder, also weg damit, später vielleicht, denn jetzt,
ich bin hier,
ich bin da,
ich bin.
Ruhe.
Vrikshasana
Mit Balance ist das so eine Sache. Geist beeinflusst Körper und umgekehrt. Der Baum ist das beste Beispiel dafür. Diese Asana kräftigt neben der Beinmuskulatur insbesondere die Muskulatur, Gelenke und Knöchel der Füße. Das Gleichgewicht wird gefördert und ein Gefühl der Stabilität und Ausgeglichenheit dadurch erzeugt … So viel zu Theorie.
Wer sagt bitte, dass es leicht ist auf einem Bein zu stehen? Wenn der Kopf nicht frei ist, oder das Studio voll von im Sturm gebeutelten Baumkronen? Das Wackeln beginnt in einem Augenwinkel und zieht sich rasch durch den ganzen Wald. Ich mag diese Kettenreaktion. Manchmal kann man den Geist schon überlisten und fehlende Balance eventuell mit Muskelkraft ausgleichen. Nur, das sollte nicht notwendig sein.
So einfach wie der Baum aussieht, ist diese Asana eben nicht. Auch anatomisch. Nicht jede Person kann so einfach den Fuß ganz hoch am anderen inneren Oberschenkel abstellen. Ich weiß, dass es sich anbietet, den Fuß auf das Knie zu stellen, weil es eben von der Form her so gut passen würde. Das Knie wird jedoch – vielleicht unmerklich – nach außen gedrückt. Viele von euch wissen das. Für alle anderen: Nehmt die Wade, da passt die Fußsohle auch gut drauf.
Seitenweise Bodensatz
Dann war da noch die Thematik mit den Seiten. Links ist anders als rechts. Das ist nicht politisch gemeint hier. Jede Seite ist unterschiedlich. Meistens geht die zweite besser, da der Kopf schon vorbereitet ist auf das, was kommen soll. Aber nicht immer. Das Gleichgewicht zu finden und zu halten wird schwieriger, wenn der Boden nicht fest genug ist, dann steht man auch nicht so sicher und beginnt leichter zu wackeln. Das kann man mehrdeutig lesen, wenn man so will.
Schon mal probiert auf weichem Untergrund, einer dickeren Gymnastikmatte zum Beispiel, auf einem Bein zu stehen. Man kann sich’s auch im Yoga schwerer machen. Kurz: Es ist eine Herausforderung.
Kein Baum ohne Wurzeln
Ich beobachte immer wieder Schüler:innen, wie sie versuchen mit einem Bein in der Luft ihr Gleichgewicht zu finden. Dabei werden sie zu Weiden im Wind. Stellt den Fuß ab! Nur kurz. Auf den Boden. Erdet euch. Beginnt von Neuem. Ich kann es nicht oft genug betonen, außer jemand ist Akrobat:in und möchte Kunststücke vorführen. Bitte, show me what you’ve got, I’m easy.
Das Einfache scheint oft viel zu weit weg. Ich schließe mich selbst mit ein, manchmal ist der Ehrgeiz so stark, und ich will einfach … Auch für mich gilt: Stell den Fuß ab!
Sollte es nach ein paar Versuchen nicht klappen, reicht es vollkommen, wenn die Ferse des einen Fußes zum Knöchel des anderen gestellt wird. Mitte anspannen und Hände hoch! Keep it simple!
Durchatmen. Festen Stand finden. Das ist schwer oder leicht. Es versuchen zumindest. Dann kann der Rummel auch gerne wieder kommen. Etienne Thierry
Etienne Thierry
INFOS Ausbildung 300h Yogalehrer*in
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